ADHS im Erwachsenenalter
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist mit einer globalen Prävalenz von etwa 5 % eine der häufigsten psychischen „Störungen“ im Kindes- und Jugendalter. Neuere Studien zeigen, dass ADHS häufig bis ins Erwachsenenalter fortbesteht. Diese andere („neurodivergente“) Art des Denkens und der Wahrnehmung von (Umwelt-) Reizen und Informationen machen ADHS-Betroffenen oft das Leben in der Welt „neurotypischer“ Menschen schwer.
Während im Kindes- und Jugendalter die drei Kernsymptome von ADHS Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind, vermindert sich im Erwachsenenalter die Hyperaktivität bzw. motorische Unruhe.
Die verminderte Aufmerksamkeit bleibt aber bei nahezu allen Erwachsenen mit ADHS bestehen. Viele von ADHS betroffene Erwachsene fühlen sich zudem innerlich ruhelos und getrieben.
Im Berufs- und im Privatleben erreichen Erwachsene aufgrund dieser Symptome oft nicht die Ziele, die sie sich ursprünglich gesteckt hatten, was bei vielen einen starken Leidensdruck erzeugt. Sie vergessen Termine, halten Absprachen nicht ein, verzetteln sich oft und es gelingt den Betroffenen häufig nicht planvoll bei einer Sache vorzugehen.
Die systemische Psychotherapie bietet wertvolle Ansätze, die über die rein symptomatische Behandlung hinausgehen. Sie betrachtet ADHS im Kontext sozialer und interpersonaler Beziehungen und setzt darauf, Dynamiken in Partnerschaften, Familien oder im beruflichen Umfeld zu reflektieren und zu verändern.
Ansatzpunkte könnten daher sein:
- Beziehungsdynamiken verstehen und verbessern: ADHS kann zu Kommunikationsschwierigkeiten, Konflikten und Missverständnissen führen. Die systemische Therapie hilft dabei, diese Muster zu erkennen und zu verändern.
- Selbstregulation und Umgang mit Stress: Erwachsene mit ADHS kämpfen häufig mit Stressbewältigung und Selbstorganisation. Systemische Ansätze helfen, belastende Muster zu identifizieren und alternative Strategien zu entwickeln. Die Therapie fokussiert auf vorhandene Stärken und Fähigkeiten, um Selbstwirksamkeit und Resilienz zu fördern.
- Berufliche und soziale Herausforderungen: Im beruflichen Kontext hilft die Therapie, Konflikte zu analysieren, Arbeitsbeziehungen zu verbessern und Strategien zur Organisation und Strukturierung zu entwickeln. Die Therapie unterstützt dabei, belastende Erwartungen und Leistungsdruck zu reflektieren und mit der Umwelt besser zu verhandeln.
- Perspektivwechsel: ADHS wird häufig als rein defizitorientierte Diagnose wahrgenommen. In der systemischen Therapie können Betroffene neue, konstruktive Sichtweisen auf ihre Persönlichkeit und ihre Lebensgeschichte entwickeln.
- Selbstwertsteigerung: vor allem bei Frauen geht ADHS oftmals mit Selbstwertproblemen und einem erhöhtem Risiko für Depression und Angststörungen einher. Darauf wird in einer systemischen Therapie besonders eingegangen.
In der Systemische Therapie können Partner:innen und Familien auf Wunsch in den Prozess eingebunden werden, um gegenseitiges Verständnis zu fördern.